MBGNR

Berlusconi und Stefani gegen die Deutschen

vom 09.07.2003

Berlusconi sagt bei seiner Antrittsrede als EU-Ratspräsident über den deutschen sozialdemokratischen Abgeordneten Schulz, der einige recht bohrende Fragen an Berlusconi, auch bezüglich der italienischen Politik, gestellt hatte, er wäre eine Idealbesetzung für die Filmrolle eines KZ-Aufsehers. Nach ein paar Tagen Aufregung ohne klare Bewegung in der Sache dann die Aussagen des Staatsekretärs im Tourismusministerium Stefani über die Deutschen, z. B. sie seien supernationalistisch, schlügen sich mit Pommes und Bier den Bauch voll und veranstalteten dann Rülpswettbewerbe.

Bereits wenige Tage nach dem Ereignis ringen sich die meisten Kommentatoren zu einer realistischen und angemessenen Einschätzung durch. Deutsche sind fast überall unbeliebt, das ist nicht neu und nicht überraschend.Auch die süffisanten Beteuerungen von Polen und Österreichern können daran nichts ändern; unter anderne Umständen haben die auch schon auf die ehemaligen Besatzer resp. Piefkes geschimpft. Man sollte nicht überrascht sein, wenn es auch in Zukunft immer wieder Abneigungsbekundungen gibt. Schließlich sind wir selber ja auch nicht frei von allen möglichen Ressentiments gegenüber Bevölkerungsgruppen, denen wir uns nicht selbst zurechnen..Es ging bei der heißen Diskussion der letzten Tage aber nicht in erster Linie um die vox populi.

Es ging vielmehr in den letzten Tagen auch und vor allem um das Verhalten von Politikern. Der Rücktritt des Tourismusstaatssekretärs, selbst wenn sie durch Berlusconi direkt betrieben wurde, ändert nicht viel an einer Konstante in beiden Episoden. Zunächst befleißigten sich beide eines ausgesprochen flapsigen Stils in ihren Aussagen. Das wird in unseren Augen immer noch nicht als das typische Redeverhalten von Politikern gesehen, da wir das anders gewohnt sind. Schließlich muß ein Politiker auf alle möglichen Interessen und Gruppen achten und darf niemanden verprellen und produziert in diesem Bemühen dann die bekannten großen Seifenblasen, die nichts Festes enthalten und in denen jeder was schönes für sich sehen kann. Dies ist aber zumindest auf der internationalen Bühne nicht mehr der aktuelle Stil. Es sei an viele Äußerungen des Secretary of State Donald Rumsfeld erinnert, der es schon vor längerer Zeit immer wieder verstanden hat, die politische Lage durch Bonmots in Bewegung zu bringen.Er läßt in letzter Zeit etwas nach, aber dieser Stil lebt weiter. Interessanterweise scheint Tony Blair ihn sich nicht zu eigen machen zu wollen.

Die Äußerungen von Politikern auf internationaler Bühne, die ohne Rücksichten auf irgendwelche Empfindlichkeiten getan werden, führen natürlich dazu, dass die betroffenen erstmal mit ihren verletzten Empfindlichkeiten zurecht kommen müssen. Auch bei Rumsfeld war es so, dass man sich mal fragen mußte, ist das jetzt schon eine Unverschämtheit, muss er sich dafür entschuldigen, war das, was er danach gesgt hat, schon eine Entschuldigung usw. usw. Damit wird eine vernünftige Diskussion politischer Absichten verdrängt und behindert. Der neue flapsige Stil scheint den Politikern mehr Spaß an ihrem Job zu vermitteln. Formale Entschuldigungen gibt es dementsprechend kaum. Die Wirkung dieses Tuns aber ist, dass internationale Projekte schwerer vorankommen. Im Falle Rumsfeld scheint das durchaus im Interesse der Regierung der U.S.A zu sein. Im Falle Berlusconi/Stefani wird da für Europa einiges aufs Spiel gesetzt, und das ist ausgesprochen ärgerlich, womöglich in der jetzigen Situation geradezu gefährlich - man kann dieses Verhalten zur Zeit nur "uneuropäisch" nennen. Hoffentlich bleibt es dabei, dass die italienischen Entgleisungen in erster Linie Füllmaterial des Sommerlochs sind.